Nicht erst seit gestern wird bei alten und älteren (analogen) Filmen, insbesondere jedoch bei aufgezeichneter Musik aus vergangenen Epochen ein sogenanntes “Digital Remastering” angewendet. Das bedeutet, daß Bild und Ton den heutigen hohen Qualitätsstandards der audiovisuellen Wiedergabe-Technik angepaßt werden bzw. in ihrer Restaurierung eine Erfrischungskur und Veredlung erfahren. Dazu werden sämtliche Elemente und Details des Werks noch einmal akribisch unter die Lupe genommen und auf ihre originale Machart und auf die seinerzeit von den Künstlern erdachten Finessen hin abgeklopft.

Jeder weiß, wie schal und indifferent sich ein Musikstück anhören kann, wenn es ohne ein digitales Mastering direkt von einer gepreßten Schallplatte oder CD von damals in die hochauflösende Audio-Technik der Jetztzeit überspielt wurde. Und wie bleich, kontur- und farbarm, ja, bisweilen sogar ein bißchen unscharf ein alter Film wirkt, wenn ebenfalls kein digitales Pusten von Staub erfolgt ist.

Um dies zu erreichen, gibt es unterschiedliche Methoden. Bei ganz alten Filmen und Dokumentaraufnahmen wird sogar die KI bemüht, die, ohne daß der Zuschauer es bemerkt, manipulierend eingreift und die beschädigten, kaputten oder gar fehlenden Materialabschnitte sich einfach „zusammenreimt“. Doch die gebräuchlichste Methode hierbei ist, daß man an das Ur-Original herankommt und prüft, wie es einmal ausgesehen bzw. geklungen hat.

Das ist bei der Musik das Masterband, also jenes Original-Band, von dem Kopien zur Pressung von Schallplatten und CDs zu jener Zeit freigegeben wurden. Beim Film ist es der (analoge) Negativ-Film, also tatsächlich jener Filmstreifen, der damals in der Kamera zum Zwecke der Ablichtung war und von dem nach Schnitt, Mischung, Sounddesign usw. die Kinokopien gezogen wurden.

So, Schluß mit dem technischen Kokolores. Dieses Digital Remastering mit 4K-Auflösung ist nun bei dem 1994, später auch in den USA erschienenen Kult-Animationsfilm FELIDAE (Deutschland / Regie: Michael Schaack / Produzent: Hanno Huth), der nach meinem gleichnamigen Roman entstand, erfolgt. Und das Resultat ist verblüffend, saugut, einfach phantastisch!

Das Projekt wurde von dem in Los Angeles ansässigen Verleih- und Restaurierungsunternehmen „Deaf Crocodile“ verwirklicht, das sich auf Neues, Unabhängiges, Verlorenes/Ungesehenes und Weltkino konzentriert, mit besonderem Interesse an Animations-, Kult-, Horror- und Fantasyfilmen.

Bevor ich darauf eingehe, vergleiche man den Qualitätsunterschied zwischen dem vor ein paar Tagen von Deaf Crocodile geschalteten Trailer zu dem im Dezember erscheinenden 4K- und HD-Format und dem (natürlich illegal) hochgeladenen Zeug auf YouTube, aber auch mit dem damals als Video und DVD verkauften, ja, selbst noch heute bei Amazon zu sehenden Film. Er ist wie Tag und Nacht! Allein die wunderschönen Farben sind ein Fest, von der Konturschärfe und der Brillanz  ganz zu schweigen.

 

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So schrieb mir Dennis Bartok, der Projektleiter aus den USA: „ … Wir haben in Deutschland einen neuen 4K-Scan vom Original-35-mm-Kameranegativ anfertigen lassen und bei der Lieferung an das Postproduktionslabor festgestellt, daß das Negativ aufgrund des `Essig-Syndroms´*, einem irreversiblen Prozeß, der das Filmmaterial zerstört, zu zerfallen beginnt, schon sehr schadhaft war.  Wir hatten also großes Glück, daß wir den Scan jetzt durchführen konnten, denn in ein paar Jahren wird das Negativ wahrscheinlich unbrauchbar sein.“

FELIDAE ist kein gewöhnlicher Animationsfilm, sondern einerseits inzwischen ein richtiggehender Kult bei Animations-Fans weltweit, anderseits ein respektheischendes Vorbild für Künstler im heutigen Animationsgeschäft, von denen ich regelmäßig Botschaften voll des Lobes erhalte – obwohl ich lediglich für die Romanvorlage und seinerzeit für ein oder zwei Szenen im Drehbuch verantwortlich war. Für die Rasanz und den Look sorgten einzig und allein der geniale Michael und seine vielen Mitarbeiter. Und Hanno mit dem großen Budget von 15 Millionen DM, damals der teuerste europäische Animationsfilm überhaupt. Nicht zu vergessen natürlich der inzwischen verstorbene Drehbuchautor Martin Kluger.

Das liegt daran, daß FELIDAE kein Kinderfilm ist, aber damals aus verständlich-wirtschaftlichen Gründen als ein solcher verkauft wurde … und infolgedessen Heerscharen von Kindern weltweit traumatisierte, wie ich höre. Uppps, sorry! Noch vor „Watership Down“ und „The Plague Dogs“, aber auch “Fritz the Cat”, was das Sexuelle betrifft, handelt FELIDAE ein durch und durch Erwachsenenthema ab, bis zu großzügigen Anleihen am Splatter- und Horrorfilm-Genre. Die alte Animationstechnik des gezeichneten Bildes gibt dem, meiner Meinung nach, noch die besondere „böse Würze“.

So bleiben Francis und seine kätzischen Spießgesellen, deren erstem Abenteuer in Romanform noch sieben weitere folgten, ein absolutes Unikum, vielleicht auch „das schwarze Schaf“ im internationalen Animationsuniversum. Wer sich also  FELIDAE, den Film, in der ersten und ursprünglichen Gußform und noch in vollem Saft zu Gemüte führen möchte, der wende sich ab Dezember an Deaf Crocodile.

*Das Essigsyndrom, offiziell Acetatfilm-Basisdegradation genannt, ist ein Zustand, der durch die Zersetzung von Celluloseacetat im Laufe der Lebensdauer eines analogen Films entsteht. Wenn das Essigsyndrom fortschreitet, wird die Folie brüchig, schrumpft und nimmt einen säuerlichen Geruch an, der nach Essig riecht. Alle Celluloseacetat-Filme werden im Laufe der Zeit abgebaut, aber das Fortschreiten dieses Abbaus hängt sehr stark von den Lagerungsbedingungen ab. Die Lagerung unter warmen und feuchten Bedingungen beschleunigt den Beginn des Abbaus erheblich. Wenn der Abbau einmal begonnen hat, kann er nicht mehr rückgängig gemacht werden.

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