Die Schauspielerin Sandra Hüller ist der Shootingstar im deutschen wie auch nunmehr internationalen Film, fast schon das weibliche Gegenstück zu Christoph Waltz, der ebenso wie sie einst, aber viel früher, den Sprung von begrenzten deutschen Filmgefilden zum weltweiten bzw. hollywoodesken Cast-Olymp geschafft hat. Die Preise und Auszeichnungen, die sie bekam, sind kaum zu zählen, sie wurde sogar für den Golden Globe und Oscar nominiert. Wenn jemand aktuell dick im Film Busineß ist, dann sie.

Das ist einigermaßen seltsam. Ich habe drei Filme mit ihr gesehen, und bei allen dreien kann ich den Wirbel um sie und ihr Spiel nicht verstehen. Sie wirkt auf mich immer wie eine gestrenge deutsche Hausfrau oder Lehrerin aus den 50-ern, mit einem einzigen und meist mißbilligenden Gesichtsausdruck, selbst wenn sie lacht. Das mag aber nichts weiter bedeuten, denn ich liebe viele Stars und Schauspieler, die mimisch auch nicht mehr draufhaben.

Ich habe bei einer Komödie schon mehr gelacht als bei “Toni Erdmann” (Deutschland, Österreich 2016 / Regie: Maren Ade), die ebenso wie die Hauptdarstellerin mir völlig unverständlicherweise von der Presse in den Himmel gejazzt wurde. Und in “Anatomie eines Falls” (Frankreich 2023 / Regie: Justine Triet) wähnte ich mich wie in einem stinknormalen “Tatort” bzw. was man mir über den Tatort erzählt, denn den schaue ich mir seit den 70-ern nicht mehr an. Offengesagt habe ich nicht einmal die Auflösung verstanden und mußte sie mir erst bei Wiki erlesen.

Sehr gespannt war ich allerdings auf “The Zone of Interest” (USA, England, Polen 2023 / Regie: Jonathan Glazer), der bereits vor dem Erscheinen zum Kinoereignis seit Kinogedenken erklärt wurde. Ich dachte mir, mich erwartet so etwas wie das Werk eines wiedergeborenen Kubrick, der auch nach einem strengen Konzept und mit aufsehenerregenden modernen technischen Mitteln arbeitete und sich stets weigerte, dem Publikum zumindest am Schluß Befriedigung zu verschaffen.

Doch Pustekuchen, der Film war der langweiligste, den ich seit langer Zeit gesehen habe. Es passiert darin einfach nichts. Außer dem Umstand, daß die Familie von Rudolf Höß, von Mai 1940 bis November 1943 Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, gleich hinter der KZ-Mauer ein Heile-Welt-Leben in einem schönen Haus mit schönem Garten führt und sich geradezu in einer pathologischen Empathielosigkeit gegenüber der Mordmaschinerie auf der anderen Seite der Mauer ergeht. “Die Banalität des Bösen” par excellence. Bloß der gruselige Gag, daß Menschen ein paar Meter weiter industriell eliminiert werden, während die Eliminatoren nebenan unberührt ein gewöhnliches Leben “wie du und ich” führen, zündet nicht. Nach spätestens 20 Minuten hat sich auch der Zuschauer an den “Familienalltag” gewöhnt und glaubt einer endlosen Butter-und-Wurst-Werbung zuzuschauen. Sollen wir uns dabei schuldig fühlen? Keine Ahnung.

Zurück zu Sandra Hüller. Die 46-Jährige, die auch in “The Zone of Interest” immer so unaufgeregt guckt und agiert wie sonst, hat neulich etwas irre Mutiges gemacht. Etwas derart außergewöhnlich Couragiertes und Heldenhaftes, daß man mit Fug und Recht sagen kann: “Meine Fresse, die Frau hat Eier!”

In einem SPIEGEL-Artikel, der die markantesten Sprüche von ihr aus einem STERN-Interview wiedergibt, steht doch tatsächlich, daß sie “im Juni vor der Europawahl auf einer Kundgebung gegen rechts in Leipzig gesprochen” habe.

Unglaublich, das hat sie tatsächlich getan? Das tut doch in diesem Land sonst kein Prominenter.

“Schauspielerin Sandra Hüller hat über ihr politisches Engagement gegen Rechtsextremismus gesprochen. `Es ist gefährlich für die Demokratie, wenn sich viele Menschen vom rauhen Ton der Rechten, von der Ungenauigkeit und Gewalt in ihrer Sprache anstecken lassen´”

Ja, die Ansteckungsgefahr ist sehr groß. Wie bei Corona. Und beim Compact Magazin. Danach erigiert der rechte Arm von ganz allein. Während die sehr genaue und gewaltlose Blumen-Sprache von der staatlich finanzierten Antifa lediglich zum Stricken von dicken Pullovern für den Winter animiert. Oder Pseudo-Komiker im öffentlich-rechtlichen Rundfunk den Ohrschuß von einem US-Präsidentschaftskandidaten,  da “leider knapp verpasst”, bitter beweinen.

Allerdings, Frau Hüller, es ist heutzutage in Deutschland nicht nur “der rauhe Ton der Rechten” gefährlich für die Demokratie, sondern wenn man einfach auf die Straße geht. So eine Stichverletzung von einem Messer oder einer Machete mag vielleicht demokratisch sein, aber läßt einem doch selbst als in Mannheim tätiger Polizist überhaupt keine Zeit eine Ode an die Demokratie zu schmettern – bevor man verreckt.

Frau Hüller weiß jedoch von noch Ungeheuerlicherem zu berichten:

“In dem Interview mit dem Magazin wurde Hüller darauf angesprochen, dass die AfD verstärkt die Kultur ins Visier nehme. Sie höre von befreundeten Kollegen aus der Kulturszene, dass es immer wieder Einschüchterungsversuche gebe, sagte Hüller.”

 

Oha! Die AfD, die politisch gar nichts zu melden hat, nimmt “verstärkt die Kultur ins Visier”, weil sie sonst nix zu tun hat? Und obwohl die Obergrüne Claudia Roth, die Mutter aller Milliarden von Steuergeld-Ausschüttungen für die alles andere als deutsche Kultur, “die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien im Kabinett Scholz” ist? Klingt nach Goebbels-Style.

Wie muß ich mir das vorstellen? Stalkt Björn Höcke Jella Haase, daß sie nicht mehr in “Chantal im Märchenland” spielen soll, sondern eine deutsche-Eiche-artige Frau mit acht Kindern vom blonden Horst mit dem Alles-für-Deutschland-Tattoo am Oberarm, der nach Feierabend Moorhuhn-mäßig Flüchtlinge an der Grenze abknallt? Marschiert Alice Weidel in die Berliner Schaubühne und verlangt die Absetzung des 682sten Stücks über diskriminierte Ausländer und stattdessen die Wiederaufnahme von “Charleys Tante” ins Programm? Oder geschieht es eher so subtil?

Allerdings ist Sandra Hüller schlau und sagt nicht, daß sie selbst eingeschüchtert worden wäre, womit auch immer. Sie “höre” nur von befreundeten Kollegen – heißt das jetzt nicht Kollege:innen? -,  daß es immer wieder Einschüchterungsversuche gegen diese gebe. Wie dies explizit geschieht, sagt sie nicht.

Der Vorwurf ist ziemlich starker Tobak. Zudem völlig lächerlich. Die deutsche Kunst- und Kulturszene ist seit mindestens 6 Dekaden zu 99,9 % links, seit vielen Dekaden grün-links bis linksradikal, einerlei welche Politik gerade am Ruder war und ist. Sogar als ein Erzkonservativer wie Franz Josef Strauß zu jener Zeit großen Einfluß auf die deutsche Regierungspolitik ausübte, sang die deutsche Kulturbranche regelmäßig Elogen an die RAF im Chor. Und selbst in völlig unpolitischen Stücken, Filmen und Büchern ist dieser einbetonierte grün-linksradikale Zeitgeist heutzutage evident.

Gut, vielleicht muß das so sein, denn niemand würde einen künstlerischen Stoff konsumieren wollen, der von glücklichen traditionellen Familien mit vielen Kindern und dem super symphytischen und herzensguten Multimillionär mit einem erfolgreichen Unternehmen, der nur dazu da ist, seinen Gewinn an Arme zu verteilen, handelt. Das ist und war woanders nicht anders. Man denke nur an die hyperkapitalistische Reagan-Ära, in der solche geradezu antikapitalistischen Filmjuwelen wie “Wall Street” (USA 1987 / Regie: Oliver Stone) und “American Psycho” (USA/Kanada 2000 / Regie: Mary Harron) entstanden. In der Kunst scheint das Böse irgendwie immer rechts zu sein und das Gute links. Das muß man akzeptieren, so tickt der menschliche Geist nun mal.

Das ist aber nicht der springende Punkt. Die Nationalsozialisten haben das Personal der Kulturbranche damals mitnichten “eingeschüchtert”, sondern es gleich unter Androhung von Verfolgung, Berufsverbot, Gewalt, elendigem Tod auf Raten in einem KZ und per Rassengesetze auf Linie gebracht. Umgekehrt gilt diese Methode aber auch. Auch in kommunistischen, sozialistischen oder maoistischen Ländern war den Künstlern nur ein Lied zu singen erlaubt, nämlich das der herrschenden Partei oder der gerade herrschenden linken Machthaber.

Umso entlarvender ist das Schlußstatement von Sandra Hüller, das einiges über das stereotype Denken der hiesigen Kunstszene verrät:

“Vor Kurzem habe sie sich gefragt, wie wohl die Filme aussähen, die AfD-Politiker bevorzugen würden, so Hüller. `Da fehlt mir jedoch die Vorstellungskraft.´”

Zunächst einmal: Warum muß ein bestimmter Film Politikern welcher Couleur auch immer gefallen oder, in Hüllers Worten, von ihnen “bevorzugt” werden? Was juckt mich als Zuschauer, was CDU, SPD, GRÜNE, FDP oder meinetwegen die AfD von einem in der Entstehung befindlichen oder gerade angelaufenen Film halten?

Ach, ich vergaß, weil ohne die Zuteilung von Staatsknete durch Politiker, die hierzulande die wahren Produzenten von Filmen sind, an die Filmemacher kein einziger Film produziert werden würde, ein Fernsehfilm sowieso nicht. Es existieren hierzulande viele Filmproduktionsfirmen, die in Wirklichkeit samt und sonders Zombiefirmen sind, die ohne die vielerlei Förderungen durch den Staat und Subventionen durch das Zwangsgebühren-Fernsehen nicht einmal ihre Büromiete zahlen könnten. Die Entscheider und Zuteiler dieser zig Millionen Euro sind als Filmexperten kostümierte Politkommissare, die genau darauf achten, welche politische Botschaft oder welches ihnen genehme gesellschaftspolitische Air dort vermittelt wird, bevor sie die Truhe voll des Staatsgoldes öffnen. Und damit das nicht so auffällt, wird auch ab und zu etwas in Deppen-Unterhaltung à la “Manta Manta – Zwoter Teil” oder die Eberhofer-Krimis gesteckt. Ist es aber vorstellbar, daß in der gegenwärtigen Migrationskatastrophe ein Film wie, sagen wir mal, “Scarface” (USA 1983 / Regie: Brian De Palma), der zu seinem Unterhaltungswert auch die negativen Folgen von Migration ohne großes Tamtam im Vorbeigehen abhandelt, im heutigen Deutschland möglich wäre? Wohl eher nicht.

Zudem impliziert Hüllers Spekulation, welche Filme AfD-Politiker bevorzugen würden, die Frage, welche Filme die grün-linken Einheitsparteien bevorzugen würden. Oder soll man es so verstehen, daß ja im gegenwärtigen deutschen Filmgeschäft frank und frei und ohne politischen Einfluß allein die Phantasie und die Schöpferkraft der jeweiligen Filmemacher herrscht? Das glaubt sie wohl selber nicht.

Zum Schluß wendet Frau Hüller einen Trick an, nämlich daß ihr die “Vorstellungskraft” fehle, um zu erraten, falls AfD-Politiker – bei einer Machtergreifung? – Einfluß auf den Kulturbetrieb, konkret den deutschen Film nehmen würden. Ich persönlich glaube nicht, daß ihr die Vorstellungskraft dafür fehlt, sie will sich nur absichern, und es dem Leser des Interviews selbst überlassen, sich solche Art von Filmen vorzustellen.

Aber auch hier redet sie völligen Blödsinn. Denn obwohl sie so lange im Filmgeschäft ist, versteht sie offenkundig sehr wenig davon. Tja, für welche Filme würde wohl die AfD die Förderungskohle rausrücken, gesetzt den Fall, so habe ich sie verstanden, am Volumen der zu vergebenden Kohle ändert sich nix?

Heimatfilme! Ja, die AfD würde in einer Tour Heimatfilme fördern, die mit dem Silberwald und dem röhrenden Hirsch. Das Ding ist nur, daß heute außer 70- bis 80-Jährigen niemand mehr weiß, was Heimatfilme überhaupt waren, nicht einmal mehr der Großteil der AfD-Anhänger. Abgesehen davon, daß  “The Zone of Interest” auf eine perverse Art selbst wie ein Heimatfilm wirkt. Wer würde sich sowas überhaupt angucken?

Und dann, so die Nicht-Vorstellungskraft von Frau Hüller, würden bis zum Abwinken Filme hergestellt werden, die irgendwas mit Deutschtum gemein haben, selbstredend die Zeit mit dem Mann mit dem komischen Bart ausgeklammert. Das wird aber auch heute schon gemacht. Im Oktober bringt “Constantin Film” angeblich mit “Hagen – im Tal der Nibelungen” wieder das Deutscheste des Deutschen aufs Tapet, die Nibelungensage, wenn auch, nach den ersten Bildern zu beurteilen, verstärkt Game-of-Thrones-mäßig.

Jedenfalls würde die AfD in dieser fiktiven Zukunft am Fließband Filme fördern lassen, die deutscher als Deutsch wären und Ausländer als Morlocks darstellten – und die sich keine Sau anschauen würde.

Die wirkliche drohende Katastrophe für ihr Metier unter einer spekulativen AfD-Macht hat Sandra Hüller allerdings nicht erkannt, ja, es kommt ihr gar nicht in den Sinn. Nämlich daß die AfD dann überhaupt keine Filme “bevorzugen”, sondern das völlig kranke und parteipolitische Förderwesen im deutschen Film komplett abschaffen würde, so wie sie das mit den Öffentlich-Rechtlichen vorhat, und das Filmgeschäft den freien Kräften des Marktes überließe.

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